zum Boxen


7-teilige Kolumne für Boxen zur Bildung:

 

Nr. 1) Im Boxkeller

Boxen zur Bildung befindet sich in einem Keller. In einem Wohnhaus befinden sich im Keller Gartenzubehör, Reisekoffer und Krempel, der schon lange nicht mehr gebraucht wird. Im Boxen ist der Keller der Inbegriff von Schweiss. Unser Boxkeller ist durch kleine Fenster mit Gittern unter einer Rampe ersichtlich. Da sich eine Bundesbehörde im Gebäude befindet, lässt sich die Klapptüre nur von innen aufschliessen. Die Türe darf nicht offen bleiben, sonst geht der Alarm los. Bei Boxen zur Bildung angekommen, klopfst du am kleinen Gitterfenster bis jemand dich sieht und die Treppe hinauf rennt, um dir die Türe zu öffnen. Faust zu Faust als Boxergruss. Runter zum Keller ins Training.

 

Nr. 2) Kein Sport

Boxen sei kein Sport: Gehirnschäden, Gewalt salonfähig gemacht und kein Wunder, hatte Muhammad Ali Parkinson. Keine andere Disziplin ist mit Stereotypen behaftet wie Boxen. Für uns BoxerInnen ist es ein zwiespältiges Thema. Einerseits schimpfen vor allem die über das Faustgefecht, die den Ring höchstens aus dem Fernsehen kennen, andererseits lässt sich nicht leugnen, dass harte Schläge gefährlich sind. Prallt das Gehirn auf den Schädelknochen, entstehen kleine Schockzustände bis zum grossen Schock, dem KO.
Bei Boxen zur Bildung wartest du nicht auf den Stopp des Trainers, der bessere oder erfahrene Boxer nimmt sich zurück. Den Gegner willst du nur im Ring bezwingen, in der Garderobe sind wir wieder die besten Freunde. Gegeneinander zu kämpfen verbindet.
Schläge auf Kopf, Rippen oder Niere lassen sich jedoch nicht ganz vermeiden. Das gehört zum Sport.
Als Jugendlicher war ich beim Fussball öfter verletzt. Da spricht aber niemand davon, die Sportart zu verbieten. Und nein: Wir wollen nicht den Gegner KO schlagen. Es geht beim Boxen darum, die Angst zu bezwingen und wie im Leben zu kämpfen.

 

Nr. 3) KO

Wenn du kämpfst, willst du gewinnen. Klar gewinnen heisst beim Boxen, den Gegner Knock Out zu schlagen. Beim technischen KO ist der Gegner unfähig, den Kampf fort zu führen, beim eigentlichen KO geht er, sie auf die Bretter und wird bis zehn angezählt. Sieht der Ringrichter ihn, sie als kampfunfähig, steht der Sieg per KO fest.
Auch im Training gibt es immer jemand, der stärker ist, der dich richtig trifft. Emotionen kommen hoch, du willst dich wehren, den Gegner auch hart treffen. Idealerweise kannst du mit der Zeit und viel Training die Emotionen kanalisieren, brauchst dich nicht bei jedem Schlag zu beweisen. Trotzdem willst du gewinnen. Ein Sieg könnte bedeuten, innerhalb deiner Möglichkeiten gegen jeden anzutreten, dem Schwächeren zu helfen, die Schläge des Stärkeren anzunehmen. Ein KO kann eine Wiedergeburt sein:

Ein Atemzug
durchdringt mich. Am Boden
lächle ich, glücklich um einen Augenblick
Frieden. Ich sehe
die Lichter
der Decke, fühle
seine und meine
Schläge.
Ich koste wieder
von meinem Blut
im Mund.

Gedicht „È pugile / Er ist Boxer“, aus: „ABC“, giovito.ch.

 

Nr. 4) Müde 

Wer hat sich nicht schon gefragt: Gehe ich heute ins Training oder nicht? Zu müde, zu wenig Schlaf, zu viel Arbeit, etwas krank, keine Lust: Die Gründe, das Schwitzen sein zu lassen, sind vielfältig. Dann überwinde ich den „inneren Sauhund“ und gehe trotzdem hin. Schwatz mit Boxerinnen und Boxern, dann auf die Matte: aufwärmen, Boxschule und Sparring. Meistens fühle ich mich nach der Dusche besser und bin froh, ins Training gegangen zu sein. Boxen gehört zum Leben, solange ich es ausüben kann. Es spielt keine Rolle, wie oft ich trainiere, in welcher Stärkeklasse ich kämpfe oder wie lange ich pausieren muss: einmal Boxer, immer Boxer! Das wird wohl auch gelten, wenn ich nur noch neben dem Ring stehen werde.

 

Nr. 5) Fit 

Gesund, jugendlich, fit – unsere Lebensweise hat einen Kult daraus gemacht. Die anderen sollen was ändern, damit diesem Ideal entsprochen werden kann. Das verursacht Stress in allen Lebensbereichen. Eltern sollen nicht nur erziehen, sondern Kumpels sein, die am Sonntag immer was mit den Kindern unternehmen. In den Arbeitspausen soll gejoggt anstatt geraucht werden, im Sport soll ganzheitlich trainiert werden.
Und doch gibt es viele Menschen, die einfach nur froh sind, im Ring wie im Leben über die Runden zu kommen. Sie sind häufig krank oder haben ein chronisches Leiden, kommen ins Alter und „fit“ hat noch nie zu ihrem Vokabular gehört. Sie stellen sich den Veränderungen im Leben, akzeptieren sie und machen weiter.

 

Nr. 6) Tanzen 

Für die einen ist es Gewalt, für die anderen Kunst. Selten polarisiert eine Sportart wie Boxen. Die asiatischen Kampfsportarten seien durch philosophische Konzepte untermauert, hingegen fürs Faustgefecht bloss Technik gefragt. Es braucht mehr als nur Kraft, um im Ring zu bestehen.

Kopf, Herz, Musik:

Ein ausgeglichener Geist ist in einem angemessen trainierten Körper die beste Voraussetzung, um zu bestehen. Es braucht Mut, um auch gegen Angstgegner anzutreten und beim Verlieren trotzdem auszuharren. Letztlich ist es ein Paartanz. Ein guter Boxer stellt sich auf den Gegner ein, hat einen Rhythmus im Kopf und respektiert den Gegner vor, während und nach dem Kampf. Genau wie beim Tanzen: Boxen ist nur mit einem Partner möglich.

 

Nr. 7) Boxen

Wenn die Seele brennt, wenn alles verschwommen ist, wenn du eigentlich keine Lust mehr hast, ist es Zeit zu boxen.